2022 – Thomas Liebelt

Thomas Liebelt wurde zum 56. Kavalier der Lüfte gewählt
mit einem Vortrag über Gerd Achgelis, dem Gründungsvater der Stiftung „Kavalier der Lüfte”

Verleihung des Wanderpreises 2022„Kavalier der Lüfte” geht an Thomas Liebelt
Aufnahme.: v.l.n.r.: Norbert Lautner, Dr. med. Peter Krupp, Rainer Pfeil, Thomas Liebelt (Kavalier der Lüfte 2022), Horst Rüdiger und Heinz-Dieter (Hennes) Bonsmann. Foto: Fred Vosteen


Ganderkesee Am Freitag, 21. Oktober 2022, konnte Dr. med. Peter Krupp, Sprecher des Verleihungsausschusses „Kavalier der Lüfte” im Airfield Hotel & Restaurant auf dem Flugplatz in Ganderkesee über 50 Flieger und luftfahrtinteressierte Gäste aus Norddeutschland begrüßen und er betonte,“ ich freue mich, dass am heutigen Abend neun ehemalige Kavaliere der Lüfte unter uns sind“.

Alljährlich wird im Rahmen eines traditionellen Fliegerabends eine Person, die sich in der Fliegerei verdient gemacht hat, mit der Ernennung zum „Kavalier der Lüfte“ geehrt. Dem jeweiligen Kavalier der Lüfte wird der vom berühmten Kunstflieger und Flugzeugbauingenieur Gerd Achgelis (*16. Juli 1908 in Golzwarden, † 18. Mai 1991 in Hude) gestiftete Wanderpreis „Huder Mönch“ überreicht.


Ein spannender Ausflug in die Geschichte der Fliegerei mit dem Luftfahrthistoriker Rainer Pfeil

Für den Verleihungsausschuss ist es eine lange Tradition, dass dieses gesellschaftliche Ereignis mit einem Vortrag aus dem Thema der Luftfahrt begleitet wird. Für den diesjährigen Fliegerabend hatte der Verleihungsausschuss um Dr. med. Peter Krupp den Luftfahrthistoriker und letztjährigen Kavalier der Lüfte, Rainer Pfeil, gewinnen können. Rainer Pfeil hatte seinen Vortrag dem berühmter Huder Flugpionier Gerd Achgelis gewidmet.


Gerd Achgelis – ein ganz besonderer Flieger aus unserer Heimat
Gerd Achgelis wurde am 16. Juli 1908 in Golzwarden geboren. Nach Ende der Schulzeit begann er 1922 im Alter von 16 Jahren in Varel eine Lehre als Elektriker. In einer kleiner Anekdote, festgehalten in einem privaten Extra-Blatt der Huder Nachrichten aus dem Jahre 1933 steht, dass der junge Gerd Achgelis mit seinem Motorrad die Straßen unsicher machte. Weiter ist zu lesen: (…) „Da wusste er: – – – Fahren kann jedermann, doch Fliegen, ja, Fliegen nicht Jeder kann”. Vielleicht lässt sich in diesen Zeilen bereits die Zukunft des jungen Achgelis erahnen.

Mit 18 Jahren startet Gerd Achgelis durch
Im Jahre 1926/27 erwarb Gerd Achgelis die Flugzeugführerlizenz bei Focke-Wulf in Bremen. Mit 20 Jahren folgte die Kunstflugausbildung in Böblingen bei der Fliegerschule der Deutschen Luftfahrt GmbH. Nur wenig später, am 23. August 1929, stellte er dann schon einen ersten Rekord im Rückenflug auf. Auf diesen Rekord hatte sich Gerd Achgelis in vielen Trainingsstunden auf seinem Rhönrad vorbereitet.

Foto historisch aus der privaten Familiensammlung Achgelis/Wachtendorf

Mit 37 Minuten war der Rekord um 21 Minuten länger, als der des Rekordhalters Gerhard Fieseler. In einem Bericht schreibt Achgelis: „Nachdem ich glaubte, genügend Übung im Rückenflug zu haben, ging ich 1929 daran, den Dauerrekord im Rückflug anzugreifen. Ich startete gleich mit einschalteter Rückfluganlage und ging auf 400 Meter Höhe. Sodann drehte ich durch halbe Rolle in die Rückenlage. Mein Motor arbeitete einwandfrei, und so beschloss ich, in dauernden Kurven den Flughafen zu umfliegen. (…) Nach 37 Minuten blieb der Motor stehen, da der Rückentank leer war. Ich nahm meinen Focke-Wulf-„Kiebitz” durch halbe Rolle wieder in die Normallage, erholte mich sehr schnell und setzte nach kurzem Spiralgleitflug zur Landung an. (…) Im Jahr 1930 erzielt Achgelis den 2. Rückenflug-Rekord in England. Im Jahr 1931 gewann er die Kunstflug-Meisterschaft in Berlin.


Eine Stunde im Rückenflug über London
Zur Werbung für die dortige Flugschau und als besonderer Nervenkitzel für die Zuschauer flog Achgelis unter den Themse-Brücken hindurch. Bei den vielen damaligen Flugtagen war für Achgelis gutes Geld zu verdienen. So absolvierte er 1934 in Cleveland/Ohio bereits seine 251. Flugschau. 1931 war das Jahr, in dem Achgelis so richtig loslegte. In Pilotenkreisen gibt es viele Geschichten über Achgelis zu erzählen. Eine davon erzählt, dass Achgelis von einem Flugtag kommend den abfahrbereiten 4-Schrauben-Schnelldampfer „Bremen” in Bremerhaven nur noch erreichen konnte, indem er direkt neben dem Überseedampfer auf der Columbuskaje landete.

Im In- und Ausland eilte er von einer Veranstaltung zur Nächsten. Arbeitete ehrenamtlich als Fluglehrer für den Bremer Verein für Luftfahrt sowie als Fluglehrer am Technikum Weimar als Testpilot. Seine Stelle als Chefpilot bei Focke-Wulf in Bremen und in Berlin bei Albatros trat er 1933 an. 1934 belegte er in Paris den dritten Platz bei den Kunstflug-Europameisterschaften und sein guter Freund Ernst Udet vermittelte ihn den Sprung über den „großen Teich” in die USA. Dort ging es zu den richtig großen Veranstaltungen nach New York, Ohmaha/Nebraska, nach Cleveland/Ohio.


Mit dem „Stösser” nach Los Angeles
Nach einem Transkontinental-Flug von New York nach Los Angeles, einer reinen Flugzeit von 25 Stunden und einer Flugstrecke von 6000 km landete Gerd Achgelis am 10. August 1936 wohlbehalten in Los Angeles.
Gerd Achgelis belegte 1936 bei den National Air Races in Los Angeles den zweiten Platz im Kunstflugwettbewerb. Er flog dabei seinen neuen Fw 56 „Stösser”.
Danach ging es für Gerd Achgelis weiter nach Japan und nach China. Immer mit dabei war sein Mechaniker Otto Weishaar.


Der gutaussehende Achgelis avancierte zum Frauenschwarm und
sein Charme machte ihn zum Liebling der Medien
In der ganzen Welt hatte sich der Ruhm des deutschen, tollkühnen Piloten herumgesprochen und viele Berühmtheiten suchten die Nähe zu Gerd Achgelis.
Auch Clark Gable, der weltberühmte US Schauspieler, besuchte 1936 die Luftfahrtschau in Los Angeles. Begeistert von Achgelis Vorstellung schenkte er ihm spontan sein Sakko.

Das Foto, vermutlich auf der Luftfahrtschau 1936 in Los Angeles entstanden, zeigt v.l.n.r.: E.B. Gilmore und Gerd Achgelis vor dem „Stösser” im Sakko von Clark Gable. E.B. Gilmore, Chef der Gilmore Oil Company, holte Gerd Achgelis in die USA. (Foto historisch aus der privaten Familiensammlung Achgelis/Wachtendorf)

Bis heute ist das Sakko erhalten und wird in einer Ausstellung auf dem Fliegerabend zu bewundern sein. Gerd Achgelis genoss den Weltruhm. Weitere Berühmtheiten der damaligen Zeit, unter ihnen Charles Lindbergh, Henry Ford, Charly Chaplin, Heinz Rühmann und auch der 31. US Präsident, Herbert C. Hoover, zählten dazu.
In einem Freikorps-Drama mit Hans Albers simulierte er 1935 den Absturz mit einer brennenden Maschine, in der Gründgens-Komödie „Capriolen“ von 1937 legte er als männliches Double von Marianne Hoppe eine Bruchlandung im Misthaufen hin. Achgelis doubelte 1941 auch als Stunt-Pilot Heinz Rühmann im Film: „Quax der Bruchpilot”.

Großes Aufsehen erregte Achgelis bei seinem Nordlandflug. Mit seinem AGO-Kurier, einem neuen deutschen Reise- und Verkehrsflugzeug flog er in nur acht Stunden von Berlin über Dänemark nach Schweden, Finnland und Norwegen.
Während seiner fliegerischen Laufbahn holte Gerd Achgelis dreimal den Weltmeistertitel und viele erste Plätze auf nationalen und internationalen Flugveranstaltungen.


Achgelis war auch als Geschäftsmann erfolgreich
Als „Einflieger” erprobte er bei Focke-Wulf/Albatros in Berlin neue Flugzeugtypen und wurde Mitinhaber der Hubschrauberfertigung von Focke, Achgelis & Co. GmbH in Delmenhorst.
Henrich Focke, einer der beiden Gründer der Fa. Focke-Wulf Flugzeugbau GmbH in Bremen beschäftigte sich ab den frühen 1930er Jahren mit Drehflügel-Flugzeugen. Unter Lizenz des Spaniers Juan de la Cieva baute Henrich Focke die ersten Tragschrauber in Bremen und entwickelte sie weiter zum ersten funktionierenden Hubschrauber der Welt.

Den Focke-Wulf Fw 61: Erstflug am 26. Juni 1936 mit Ewald Rohlfs am Steuer. Kurz nach seinem Ausscheiden aus der Fa. Focke-Wulf wurde zusammen mit Gerd Achgelis 1937 die Fa. Focke-Achgelis & Co. GmbH gegründet. Sie etablierte sich in Delmenhorst/Hoykenkamp und brachte erfolgreiche Modelle heraus,wie z.B. den Transport-Hubschrauber Fa. 223 „Drache” (ca. 20 Stück) und den Beobachter-Tragschrauber Fa 330 „Bachstelze” (ca. 100 Stück). 1944 erlosch die Firma dann wieder.
Bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs arbeitete Gerd Achgelis als Testpilot in einer Flugzeugfabrik in Graudenz.
Nach dem Zweiten Weltkrieg kehrte Achgelis auf den elterlichen Hof in Schweiburg zurück und ab 1952 ging er einer kaufmännischen Tätigkeit in Hude nach. Gerd Achgelis blieb weiterhin seiner fliegerischen Leidenschaft verbunden. Der Flugplatz Oldenburg-Hatten (ICAO: EDWH) wurde 1963 von Mitgliedern des Oldenburger Motorflug-Vereins gegründet und aus alten Luftwaffenbaracken der 40er Jahre aufgebaut. Zu den Initiatoren gehörte der bekannte Flieger Gerd Achgelis.


Die Ehrenmedaille der Stadt Paris
(Bericht vom 18. 6. 1977 in der NWZ)
„Hude. Mit der „Ehrenmedaille der Stadt Paris” kehrte der ehemalige internationale Kunstflugmeister Gerd Achgelis Anfang der Woche von einem Treffen mit französischen Fliegern an seinen Wohnort Hude zurück; Jaques Chirac, früherer Ministerpräsident und jetzt Oberbürgermeister der französischen Hauptstadt, hatte Achgelis die hohe Auszeichnung für dessen Verdienste um die deutsch-französische Verständigung verliehen. Achgelis war in diesem Jahr der einzige Deutsche, der diese Auszeichnung erhielt.
Für den 69jährigen ehemaligen Kunstflieger aus Hude kam „der große Bahnhof” im Rathaus von Paris völlig überraschend; Achgelis war nach Frankreich gefahren, um am Treffen einer dortigen Flieger-Kameradschaft anlässlich des Pariser Luftfahrt-Salons und des Lindbergh-Jubiläums teilzunehmen”.

Unter den Gästen am Fliegerabend war auch „Kiki” Achgelis, Tochter von Gerd Achgelis, und sie berichtete vom Frankreich-Ausflug im Jahre 1977: „Als junge Studentin hatte ich meinen Vater nach Paris zum Empfang der Flieger begleitet. Als plötzlich der Name meines Vaters in Verbindung mit der Ehrung fiel sagte Vater, bescheiden wir er war: ,Ick doch nich’. Am Ende der Veranstaltung erhoffte Vater sich eine eine tolle kulinarische Stärkung. Er schaute bereits auf den Tisch mit den herrlichen Meeresfrüchten und in seiner typisch norddeutschen Mundart fragte Vater: „Mien Deern, hoffentlich gibt es gleich noch was zu essen”.
Aber bei näherem Hinsehen entpuppten sich die Meeresfrüchte als Schokoladenmuscheln. Nicht gespart dagegen wurde mit edlem Champagna, den haben wir dann reichlich probiert und beschwingt den Empfang verlassen. Unseren großen Appetit konnten wir dann in unserem Hotel stillen, lachte Kiki Achgelis”.

Thomas Liebelt (Kavalier der Lüfte 2022) und „Kiki” Achgelis vor dem karierten Sakko, das Gerd Achgelis auf der Luftfahrtschau 1936 in Los Angeles von Clark Gable bekommen hatte. Foto: Fred Vosteen

Flugkapitän Norbert Lautner im Gespräch mit Kiki Achgelis über ihren Vater. Empfang beim damaligen Bürgermeister von Paris Jacques Chirac

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Der Luftfahrtpionier Gerd Achgelis verstarb am 18. Mai 1991 in Hude. Sein Vermächtnis ist bis heute die von ihm ins Leben gerufene Stiftung „Kavalier der Lüfte”.

Der Luftfahrthistoriker Rainer Pfeil, der an diesem Abend vom Luftfahrtexperten Martin Frauenheim unterstützt wurde, schloss seinen Vortrag mit den Worten: „Gerd Achgelis, ein Flieger, der vielleicht alles erreicht hat, was er sich nur wünschen konnte. Er hatte seine Familie. Mannigfache Ehrungen. Ein Mann, der die Welt mit „Sieben-Meilen-Stiefeln” durcheilte, wie es eben nur einem Flieger gegeben ist. Dieser Mann hat aber auch nach so vielen Stunden, über Kopf und mit den Beinen in den Wolken, nie seine Bodenhaftung verloren. Viel Gutes hat er für die Fliegerei getan, auch gerade hier im Norden.
Vergessen wollen wir nicht, dass wir heute Abend hier nicht zusammen gekommen wären, hätte es Flugkapitän Gerd Achgelis, als Gründungsvater, der Veranstaltung „Kavalier der Lüfte” nicht gegeben.

Pfeil sagt: „Großer Dank gebührt den Unterstützern Ivesa und Baldur Wachtendorf, Kiki Achgelis, Ewald Wachtendorf, Rainer Siedenburg, Carl Heinz Schwecke, sowie vielen weiteren Personen bei der Beschaffung des historischen Materials und der Genehmigung für eine Veröffentlichung”.

Dieser Fliegerabend findet bei Piloten und Fluginteressierten auch im 56. Jahr nach seiner Gründung weit über die Landesgrenzen hinaus ungebrochen großes Interesse.


Die Zukunft der Lockheed L-1649 Super Star und der Ju 52 D-AQUI
Die D-AQUI Ju 52 ist kein Flugzeug, sondern zur Zeit ein Standzeug, so Hennes Bonsmann
Der Bedeutung seines Vortrags bewusst, informierte emotional ergriffen Heinz-Dieter (Hennes) die Gäste aktuell über die Zukunft der beiden historischen Flieger. Von 1985 bis 2010 war Bonsmann Ausbilder, Prüfer und Flugbetriebsleiter der Ju 52 mit der Kennung D-AQUI und unvergessen für ihn ist fast jede der 2461 Flugstunden und 3861 Landungen.
Als langjähriger Flugkapitän auf der D-AQUI Ju 52, auch liebevoll Tante Ju bezeichnet, verfolgt Bonsmann, aber auch viele Luftfahrtfans, den weiteren Weg der „Tante Ju”.

In einer erst kürzlich veröffentlichten Meldung einer Mitarbeiterveranstaltung sagte der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Lufthansa AG, Carsten Spohr, dass beide historischen Flugzeuge zum 100. Geburtstag der Lufthansa 2026 einen neuen Platz bekommen sollen und in Frankfurt oder München dauerhaft ausgestellt werden. Die Ju 52 D-AQUI steht am Flughafen Paderborn-Lippstadt und ist nahezu komplett aufgebaut. Die Lockheed L-1649 Super Star dagegen ist in Einzelteile zerlegt. Nicht nur Hennes Bonsmann, sondern auch viele andere Luftfahrtfans möchten die Ju 52 D-AQUI gerne zur Ausstellung nach Berlin holen. Sie hoffen, dass die Worte von Carsten Spohr noch nicht in Stein gemeißelt sind und es noch eine Chance für Berlin gibt – was bleibt, ist wohl Wunschdenken meint Bonsmann.


Die Verleihung des Wanderpreises „Huder Mönch”
In seiner Laudatio stellte der ehemalige Kavalier der Lüfte Heinz-Dieter (Hennes) Bonsmann den neuen „Kavalier der Lüfte” 2022 vor. Bonsmann sagte: „Für die hohe Auszeichnung „Kavalier der Lüfte” war in diesem Jahr Thomas Liebelt aus einer großen Vorschlagsliste ausgewählt worden.

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Thomas Liebelt – der neue Kavalier der Lüfte
Hennes Bonsmann, selbst Kavalier der Lüfte 2014, sagt: „Ich wurde vor ein paar Monaten gefragt, wen ich mir denn vorstellen könnte als einen Nachfolger und mir kam spontan der Name Thomas Liebelt aus Flensburg in den Sinn. Ich habe in meinen langen Jahren in der Fliegerei nicht nur in der beruflichen, sondern gerade in der sportlichen Fliegerei und in der allgemeinen Luftfahrt selten einen so engagierten Vertreter und Flieger kennengelernt, wie Thomas Liebelt. Wir haben uns Ende der 90er Jahre in Flensburg kennengelernt auf verschiedenen Flugtagen. Thomas hat verhältnismäßig spät mit der Fliegerei angefangen, umso mehr hat er in den vergangenen Jahren versucht alles nachzuholen, was er vorher verpasst hat. Er hat, so schnell wie es möglich war, nach Erhalt seiner Lizenzen sich ein eigenes Flugzeug angeschafft. Unser Fliegerkamerad Thomas hat sogleich mit größtem Engagement sich in seinem Heimatverein in Flensburg hervorgetan, ist dem Vorstand beigetreten und er hat sich besonders für den fliegerischen Nachwuchs eingesetzt.

Mit großem persönlichen Einsatz, finanziellem Engagement und auch als Vorstandsmitglied des Schleswig-Holsteinischen Landesverbandes hat sich Thomas für die Sportfliegerei und die allgemeine Luftfahrt eingesetzt. Dazu zählen auch mehrere Flugtage, die er in Flensburg organisiert hat”.

Und Bonsmann sagte weiter: „Wie viele von ihnen wissen, endet ein solcher Flugtag nicht nur mit viel Arbeit. Nachträglich stellt man auch immer wieder fest, dass wohl etwas Geld in der Kasse fehlt, weil die Einnahmen geringer waren als die Ausgaben. Auch da braucht man natürlich Sponsoren und hier ist unser Freund Thomas Liebelt immer gerne eingesprungen”. Liebelt hat sich mit einigen Mitstreitern dafür engagiert, dass der Flugplatz Flensburg erhalten blieb. Es hat drei oder vier große Anläufe der Politik gegeben, wo man den Flugplatz schließen wollte.
Auch auf das letzte große Vorhaben Liebelts, die Landshut nach Flensburg zu holen, reißt Bonsmann in seiner Rede noch kurz an.

Hennes Bonsmann sagt: „Ich habe mich mit dem Vorstand aus Hude über meinen Vorschlag unterhalten und man war sofort der Meinung, dass dies wirklich eine gute Entscheidung wäre, Dir, lieber Thomas, den nächsten Kavaliershut aufzusetzen, beziehungsweise die goldene Nadel anzustecken”.

Unter dem großen Applaus der Gäste im Saal zeigte sich Thomas Liebelt von der Ehrung tief bewegt und er sagte: „Ich bin erdrückt von der Ehre in diesen Kreis aufgenommen worden zu sein”.

In seiner Rede sagte der neue Kavalier der Lüfte:

„Obwohl ich in der Fliegerei noch ein Jüngling bin, möchte ich ein Geheimnis lüften, warum ich so spät mit dem Fliegen angefangen habe”.

Als Kind habe ich schon, wie wohl die meisten von uns hinter den Flugzeugen her geträumt. Als dann in der Nachbarschaft meines Elternhauses ein Bauer seine Wiese als Flugfeld zur Verfügung stellte und als von da aus ein Pilot seine Rundflüge machte, war es um mich geschehen.
Ich war damals zwölf oder 14 Jahre alt. Und als dann das Studium 1969 in Karlsruhe begann, bin ich 1970 gleich zum Flugplatz Karlsruhe-Forchheim gefahren, um mich bei einem Fluglehrer zu erkundigen, wie ich einen Flugschein erlangen könne. Die damit verbundenen zeitlichen Anforderungen erschienen mir damals im Zusammenhang mit dem Studium doch etwas zu groß. Auch kamen mir Zweifel, ob die vorhandene Einschränkung meiner ‚Farbtüchtigkeit‘ ein Hindernis sein würde. Mein Gesprächspartner hielt das für möglich. Ich träumte also weiterhin den startenden Flugzeugen hinterher und fand lange nicht den Absprung zum Einstieg in die fliegerische Ausbildung.

Erst 1997 kam ich mit einem Piloten über die Ausbildung zum Privatpilotenlizenz ins Gespräch. Er riet mir, einmal genau untersuchen zu lassen, ob die Einschränkung meiner Farberkennung ein Problem bei dem Erwerb der Pilotenlizenz sein würde. Es stellte sich heraus, dass dies nicht der Fall ist. Im September 1997 begann ich mit der Ausbildung. Im Februar 1998 dann fragte ich meinen Fluglehrer: „Sag mal, Stefan, meinst du, ich schaff‘ das?” Er meinte nur, kein Problem. Die Ausbildung begann auf einer Cessna 152 und mit wachsender Erfahrung durfte ich auf die Cessna 177 mit Einziehfahrwerk wechseln. Ich fragte meinen Fluglehrer, ob ich wohl die Prüfung bestehen würde. Nach seinen ermutigen Worten sagte ich spontan: „Nun fehlt mir nur noch ein passendes Flugzeug”.

Ich dachte, 28 Jahre habe ich gespart, nun bin ich beruflich frei und in der Lage, mir ein eigenes Flugzeug zu kaufen. Schnell war mein Traumflugzeug, eine Piper Saratoga, gefunden.
Nun musste ich nur noch die Prüfung machen. Es kam der Prüfungstermin, bei dem ich von Flensburg aus mit Flugauftrag nach Rendsburg fliegen sollte, um meine Prüfung zu machen. Da klingelte auf dem Parkplatz Flensburg mein Autotelefon und am anderen Ende der Leitung meldete sich der Piper Verkaufsleiter in Kassel mit den Worten: „Herr Liebelt, ihre Piper ist gerade hier aufgeschlagen”. Der Druck vor meinem Prüfungsflug war enorm, aber am Ende des Tages hatte ich den langersehnten Pilotenschein in der Tasche.

Nun begann mein Fliegerleben
Nach einem Jahr war ich stellvertretender Vorsitzender des Vereins, nach zwei Jahren der 1. Vorsitzende. Diese Aufgabe habe ich 17 Jahre lang wahrgenommen.

Ich entdeckte, naheliegend, anfangs das Fliegen an der dänischen Grenze, in Schweden und Norwegen,
Mit den Jahren gingen die Flüge weiter, aber sie wurden auch anspruchsvoller und ich tauschte die Piper Saratoga gegen eine zweimotorige Seneca. Besondere Erlebnisse bereitete dann später die ‚offene‘ Fliegerei im Doppeldecker.

Thomas Liebelt in seinem Deppeldecker. Foto privat

Das letzte größere Vorhaben, das ich aufgegriffen habe, ist mir leider nicht mehr gelungen, sagt Thomas Liebelt. Ich hatte mir vorgenommen, die ‚Boeing Landshut‘, die im Jahre 1977 entführt wurde, nach Flensburg zu holen. Der damalige Co-Pilot Jürgen Vietor, der 1977 miterleben musste, wie sein Kollege Jürgen Schumann von einem der Entführer erschossen wurde, lebte damals in Flensburg. Sein Sohn besuchte hier das Alte Gymnasium. Thomas Liebelt sagt: „Ich hörte damals auf dem Weg zur Arbeit von der Befreiung der „Landshut”. Das hat mich wahnsinnig angefasst. War dieses Ereignis doch von besonderer Bedeutung für unser Land und unsere Demokratie. Wie konnte man auf die Idee kommen, dieses geschichtliche Denkmal verschrotten zu lassen?”, erinnert sich Liebelt. Sein Sohn, der bei der Lufthansa-Technik arbeitet, hatte diese Meldung in der Zeitung gelesen und sofort bei mir angerufen mit den Worten: „Papa, kümmere Dich doch einmal darum!”

Ich habe dann angefangen, vom Journalisten bis zum Außenministerium zu recherchieren. Schließlich bewarb ich mich darum, die Landshut nach Flensburg zu holen. Ich wartete eigentlich nur noch auf die eine Nachricht: „Wir haben uns für Flensburg entschieden”. Von Anfang an war sich der Vorsitzende des Luftfahrtvereins der Unterstützung der Oberbürgermeisterin Simone Lange aus Flensburg gewiss.

Dann überraschend diese Nachricht im Urlaub 2017 auf der Insel Sylt. Morgens beim Bäcker diese Schlagzeile in der Bildzeitung: „Der Außenminister Gabriel hat entschieden, die Landshut geht nach Friedrichshafen”. Und mittags, wir kommen gerade von einem Spaziergang zurück, sagt meine Frau: „Da kommt der Gabriel”. Ich sage zu meiner Frau, frag ihn mal, ob er kurz Zeit hat. Meine Frau fragte höflich: „Herr Gabriel, haben sie mal fünf Minuten Zeit?” Gabriel fragte kurz, wozu? Meine Frau antwortete, mein Mann möchte gern mal mit ihnen über die Landshut reden.
Ich gehe auf den Außenminister zu. Gabriel stutzt, die Bodyguards gehen in Habachtstellung. Thomas Liebelt sagt: „Ich bin der Spinner, der die ,Landshut‘ nach Flensburg holen will“. Gabriel fragt, wieviel Spinner gibt es denn in Flensburg? ‚Das kann ich ihnen nicht beantworten‘, antwortet Liebelt.
Liebelt sagt weiter: „Können Sie mir bitte erklären, warum die Entscheidung zugunsten von Friedrichshafen ausgefallen ist?“ Gabriel brummelt, es sei ja noch nichts endgültig entschieden.
Liebelt lässt nicht locker und sagt zum Außenminister: „Aber das stand doch heute in der Zeitung!“ Dann antwortet Gabriel kurz und sagt: „Ich hab‘ jetzt keine Zeit mehr”, und weg war er. Damit war das Thema Landshut erledigt. „Wenn man sieht, was aus diesem Projekt der Bundesregierung geworden ist, bin ich ganz froh, dass mir diese Querelen erspart geblieben sind“
Mit diesen Worten endet Liebelts Vortrag unter dem Beifall der Gäste.

Norbert Lautner, Kavalier der Lüfte 2016, berichtet: „Vorgeschlagen zur Ehrung haben wir unseren neuen „Kavalier der Lüfte” Thomas Liebelt besonders aber wegen seiner Liebe zur Fliegerei, wegen seiner Kameradschaftlichkeit und viel mehr noch seinem unermüdlichen, vielseitigen Bemühen zahlreiche Menschen mit seiner Fliegerei zu begeistern.
In den von Gerd Achgelis aufgestellten Statuten steht zu lesen: „Dieser Preis wird gestiftet, um die fliegerische Moral und Disziplin zu fördern und zu erhalten”… „ Die für die Ehrung in Aussicht genommene Persönlichkeit soll charakterlich und kameradschaftlich qualifiziert sein”.

Mit der Ernennung zum Kavalier der Lüfte verleihen die Mitglieder des Verleihungsausschusses Thomas Liebelt den Titel „Kavalier Lüfte 2022″ und eine Fliegerspange in Gold.

Öffentlichkeitsarbeit Kavalier der Lüfte:
Fred Vosteen, 23. 10. 2023